Die EVG hat ihre Mitglieder in allen rund 50 Unternehmen, in denen derzeit Tarifverhandlungen geführt werden, aufgerufen, am Freitag, den 21.4.2023, in der Zeit von 3:00 bis 11:00 Uhr, erneut die Arbeit niederzulegen. „Wir müssen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, die glauben, die Forderungen ihrer Beschäftigten ignorieren zu können und stattdessen Tarifverhandlungen nach Gutsherrenart führen wollen. Das ist nicht akzeptabel“, erklärten die beiden EVG-Tarifvorstände Cosima Ingenschay und Kristian Loroch.
Offen lässt die EVG derzeit noch einen Streikaufruf an die Kolleginnen und Kollegen bei Transdev. Dort werden am Mittwochvormittag Verhandlungen geführt.
„Unsere Tarifkommissionen haben sehr sorgfältig abgewogen, welche Forderungen in der Tarifrunde 2023 gestellt werden sollen. Wichtig war ihnen dabei eine soziale Komponente, die insbesondere den unteren Lohngruppen helfen soll, die stark gestiegenen finanziellen Belastungen besser zu verkraften“, machten die beiden Tarifvorstände deutlich.
Nach vielen konstruktiven Diskussionen sei am Ende ein Mindestbetrag von 650 Euro beschlossen worden, alternativ 12 Prozent, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Diese Entscheidung sei auch vor dem Hintergrund getroffen worden, dass die Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen schon heute unter großem Personalmangel leiden und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur bei einer besseren Bezahlung gefunden würden.
„Unsere Kolleginnen und Kollegen haben sich Gedanken gemacht, wie die Zukunft ihrer Unternehmen gesichert und den Fahrgästen nicht noch mehr Zugausfälle zugemutet werden müssen. Jetzt müssen sie feststellen, dass das die Unternehmen überhaupt nicht interessiert. Die Verhandlungen werden bislang ohne jede Form der Wertschätzung geführt. Zudem werden Angebote unterbreitet, die mit unseren Forderungen nichts oder nur wenig zu tun haben. Die Überlegungen der Tarifkommissionen werden schlichtweg ignoriert. Das können wir uns nicht gefallen lassen“, stellte EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch fest.
Vor diesem Hintergrund habe die EVG auch den Vorstoß der Deutschen Bahn zurückgewiesen, bei der DB AG einen Abschluss auf der Basis der Schlichterspruchs im öffentlichen Dienst zu erzielen. „Wir verhandeln für die Kolleginnen von Bus und Bahn. Insofern erwarten wir, dass von der Deutschen Bahn nicht Empfehlungen an andere Gewerkschaften abgeschrieben werden, sondern konkret auf unsere Forderungen eingegangen wird. Das muss Grundlage unserer Verhandlungen am nächsten Dienstag sein“, machte er deutlich.
„Wir haben von keinem Unternehmen einen Inflationsausgleich gefordert, trotzdem wird er uns angeboten. Wir wollen, dass in allen Unternehmen in den unteren Lohngruppen deutlich mehr verdient wird, das aber wird völlig ignoriert. Uns ist eine kurze Laufzeit wichtig, angeboten werden bis zu 27 Monate. Statt einer schnellen dauerhaften Lohnerhöhung sollen die Kolleginnen und Kollegen bis in den Herbst oder Winter hinein warten, bis es das erste Mal mehr Geld gibt“, kritisierte EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay.
„Angesichts dieser bewussten Ignoranz der Arbeitgeber würde jeder mit der Faust auf den Tisch hauen und sagen, so geht das nicht weiter. Und genau das machen wir jetzt, indem wir zu einem weiteren bundesweiten Warnstreik aufrufen. Die Arbeitgeber wären gut beraten, ihre bisherige Verweigerungshaltung in die Mülltonne zu werfen und endlich verhandlungsfähige Angebote auf den Tisch zu legen“, erklärten Cosima Ingenschay und Kristian Loroch.
Auch die Fahrgäste hätten sicher kein Verständnis dafür, dass sich am Verhandlungstisch nur wenig bis nichts bewegt. „Unsere Kolleginnen und Kollegen machen trotz der immer größer werdenden Unzulänglichkeiten bei Bus und Bahn weiterhin einen tollen Job. Oft werden sie zur Zielscheibe unzufriedener Fahrgäste obwohl sie unternehmerische Fehlentscheidungen nicht zu verantworten haben. Ihnen jetzt aus taktischem Kalkül die dringend nötige Lohnerhöhung verweigern zu wollen, ist völlig inakzeptabel und sicher nicht im Interesse der Reisenden“, machten die beiden Tarifvorstände der EVG deutlich.
„Wir setzen ein deutliches Zeichen, dass wir nicht die Fahrgäste sondern die Unternehmen treffen wollen, indem wir diesmal zu einem zeitlich befristeten Warnstreik in den frühen Morgenstunden aufrufen. Dass wir zu diesem Mittel greifen müssen, haben allein die Arbeitgeber zu verantworten, die sich bislang konstruktiven Tarifverhandlungen verweigern“, stellte Cosima Ingenschay fest.
„Niemand muss jetzt an unser Verantwortungsbewusstsein appellieren. Wir gehen mit dem Streikrecht sehr verantwortungsvoll um. Es ist an den Arbeitgebern ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Das bedeutet, die berechtigten Forderungen der Beschäftigten endlich ernst zu nehmen und Angebote zu unterbreiten, die Grundlage für zielführende Verhandlungen sind. “, so Kristian Loroch.
„Ob dies der letzte Warnstreik in der Tarifrunde 2023 sein wird oder ob weitere folgen müssen, liegt an den Arbeitgebern. Unsere Kolleginnen und Kollegen sind zu allem bereit, um ihre Forderungen durchzusetzen. Die Wut und das Unverständnis angesichts des respektlosen Verhaltens ihrer Arbeitgeber ist verständlicherweise groß“, stellten Cosima Ingenschay und Kristian Loroch fest.