Tarif vor Ort Hannover
Vielfältige Anregungen zur Tarifrunde 2023 gab es auch in Hannover. „Wir sollten diesmal wegkommen von der prozentualen Erhöhung“, meinte einer der Teilnehmenden. Ein gut dotierter Festbetrag, der für alle gleich ist, sei doch viel gerechter. Schließlich würden die Lebenshaltungskosten für alle gleich ansteigen; von einer prozentualen Lohnerhöhung würden die oberen Lohngruppen hingegen überproportional profitieren.
Diskutiert wurden diese und weitere Vorschläge im Kulturbahnhof Leinhausen in Hannover, der fünften Station der Veranstaltungsreihe „Tarif vor Ort“. Gut acht Monate vor dem Start in die nächste Tarifrunde reist EVG-Vorstand Kristian Loroch mit den Kolleginnen und Kollegen der Tarifabteilung durch die sechs Regionen der EVG, um ein aktuelles Stimmungsbild zu erhalten.
Nötig erscheinende Veränderungen in der Entgeltstruktur wurden auch in Hannover eingefordert. Kritisierte wurde unter anderem, dass bestimmte tarifliche Vereinbarungen oft nur widerwillig umgesetzt würden. „Es gibt es Leistungszulage, die der Arbeitgeber freiwillig an Kolleginnen und Kollegen zahlen kann, die Besonderes leisten. Schade ist, dass er davon nur selten Gebrauch macht und mit immer neuen Ausreden kommt, warum eine Anwendung angeblich nicht möglich ist“, bemängelte einer.
Ein anderer kritisierte die unhaltbaren Zustände im Busbereich. „Bei geteilten Diensten liegen oft Stunden zwischen dem nächsten Dienstbeginn. Da stehen wir dann auf irgendwelchen Parkplätzen, ohne Toiletten oder Sozialräume und sitzen im Bus unsere Zeit ab; das ist doch kein Zustand“, machte er deutlich. EVG-Vorstand Kristian Loroch erklärte, dass der Busbereich nicht außen vor gelassen würde. Das Motto der nächsten Tarifrunde laute „Gemeinsam geht mehr“ und gemeinsam werde man auch verhandeln. „Die Arbeitgeber würden am liebsten für jedes Unternehmen im Busbereich einzelne Tarifverhandlungen führen; wir aber werden geschlossen auftreten, um unsere Forderungen besser durchzusetzen zu können“, erläuterte er die aktuelle Strategie der EVG.
Angesprochen wurden in der Reihe „Tarif vor Ort“, im Zusammenhang mit der Umsetzung des Mindestlohns bei der Deutschen Bahn, mögliche Schwierigkeiten, die aus dem 9 Euro-Ticket resultieren. „Wenn jetzt ein Ansturm auf die Nahverkehrszüge einsetzt, werden meine Kolleginnen und Kollegen große Probleme bekommen, ihrem Auftrag gerecht zu werden, die Züge zu reinigen. Das bedeutet mit Sicherheit einen erheblichen Mehraufwand, den die Auftraggeber bestimmt noch nicht berücksichtigt haben“, machte er deutlich. Auch das ein Thema, dass in die mitgliedernahe Arbeit der EVG einfließen wird.
Dass die nächste Tarifrunde eine ganz besondere sein wird, erläuterte Carina Peter, Leiterin der Abteilung Tarifpolitik. Erstmals werde die EVG nahezu zeitgleich für alle Unternehmen verhandeln, deren Tarifverträge zum 28.2.2023 (oder später) auslaufen. „Das stellt an uns alle besondere Herausforderungen, bedarf es doch zwischen den verschiedenen Tarifkommissionen einer enge und regelmäßigen Abstimmung zum jeweiligen Verhandlungsstand. Das müssen wir gemeinsam koordinieren, das fordert viel Geschlossenheit sowie gegenseitiges Verständnis“, erläuterte sie. Ziel sei es, die zentralen Forderungen der EVG in allen Unternehmen, mit denen verhandelt würde, durchzusetzen. Dazu gehörten unter anderem ein einheitlicher Entgeltabschluss und eine einheitliche Laufzeit.
Wie während der Verhandlungsrunden innerhalb der EVG Aktionsfähigkeit realisiert werden kann – wie in der Tarifrunde 2018 – erläuterten Philipp Collrep und Jörg Kronberg. Da zwischen den einzelnen Verhandlungsrunden jeweils fünf Wochen liegen würden, bleibe ausreichend Zeit den Arbeitgebern immer wieder die Entschlossenheit der EVG-Mitglieder zu verdeutlichen. „Auf Eure kreativen Ideen freuen wir uns“, machten beide deutlich. Regionaler Ansprechpartner sei Frank Maur, Leiter der EVG-Geschäftsstelle Hamburg.